Dornröschen (Platinum-Edition, Blu-ray)

Geschrieben von:
Michael Boldhaus
Veröffentlicht am:
5. Dezember 2008
Abgelegt unter:
Blu-Ray

Film

(6/6)

Bild

(6/6)

Ton

(5/6)

Extras

(6/6)

Als Sleeping Beauty • Dornröschen im Jahr 1959 erstmals in den Kinos gezeigt wurde, sollte der Film auf lange Zeit das letzte wirklich außergewöhnliche Animationsprodukt bleiben, dass die Disney-Studios verließ. Allerdings führt Dornröschen bei vielen Disney-Freunden immer noch ein etwas bescheidenes (Schatten-)Dasein. Offenbar hat der Film es schwer, im Bewusstsein breiterer Schichten von Kinofreunden einen vergleichbar unstrittig hohen Rang wie Pinocchio (1940) oder Bambi (1942) einzunehmen. Dies dürfte primär auf den Animationsstil zurückzuführen sein, in dem sich das Märchen von der schlafenden Prinzessin besonders stark von dem aus den o. g. Meisterwerken geläufigen unterscheidet — siehe hierzu die Anmerkungen zum Film im Artikel zur 2002er DVD-Edition.

2918Zum 50-jährigen Jubiläum liegt Dornröschen jetzt erneut für den Heimkinomarkt vor: Dieses Mal aber nicht nur auf DVD, sondern ebenso in einer hochauflösenden Blu-ray-Disc-Version. Erfreulicherweise sind beide Editionen nicht nur in Ausstattung und Umfang identisch. Außerdem haben es sämtliche relevanten Extras der US-Version auf die deutschen Pendants geschafft. Gerade das ist ja in den zurückliegenden Jahren oftmals leider nicht der Fall gewesen.

2923Ausgangspunkt sowohl der 2002er DVD-Edition als auch der aktuellen ist die für ihre Zeit bereits vorzügliche US-Laserdisc-Edition (LD) aus dem Jahr 1997. Mit dieser ist die 2002er Doppel-DVD qualitativ praktisch identisch. Was damals eine sehr feine Sache war, ist auch heute gewiss noch ansehnlich. Aber ganz besonders in der Gegenüberstellung mit der aktuellen Blu-ray-Version wird deutlich, welche Fortschritte die Videotechnik seit damals gemacht hat. Und so ist Dornröschen von Blu-ray Disc fast durchweg in Bildern von einer geradezu atemberaubenden Frische, in bislang ungewohnter Schärfe, exzellenter Detailvielfalt und außerdem in hervorstechend klaren, besonders konsistenten Farben zu sehen. Im Vergleich erscheint der 1959er Film in den früheren Ausgaben (von LD und DVD) weniger überzeugend, wirkt leicht verschleiert und ist auch nicht völlig frei von dezenten Bildstörungen. Die Farben des älteren Transfers erscheinen teilweise übersättigt. Das Bild des neuen Transfers wirkt dagegen farblich deutlich stimmiger, es ist fast durchweg klarer und überhaupt blitzblank geputzt. Davon profitiert zudem die Plastizität. Entsprechend ist die quasi dreidimensionale Wirkung der Multiplan-Shots ebenfalls klar gesteigert worden.

Die außerordentliche Fülle der Bonusmaterialien bei den aktuellen Dornröschen-Editionen verdient ebenfalls einige Bemerkungen. Natürlich finden sich darunter auch verschiedene Spiele für die Kids. Für den Filmfreund wird es aber erst unter „Backstage Disney“ richtig interessant. Hier gibt’s wohl praktisch erschöpfende Informationen über die Entstehung des Films und darüber hinaus weitere unterhaltsame Boni. Dabei sind die von der 2002er DVD-Edition übernommenen Teile in der Regel qualitativ verbessert und teilweise auch verlängert worden. Dies betrifft neben The Peter Tchaikovsky Story besonders Grand Canyon, eine immer noch eindrucksvolle Kombination aus Naturfilm und klassischer Musik. Das Bild dieses als Vorfilm zu Dornröschen gezeigten CinemaScope-Farbfilms hat sogar in ganz besonderem Maße profitiert. Es erscheint jetzt nicht nur ganz erheblich detailfreudiger, farblich frischer und kontrastreicher. Im Vergleich verschwindet in der 2002er Version doch (zu) vieles der bestechenden Landschaftsfotografie zu früh im Schwarz, geht dem Betrachter so manches Detail schlichtweg verloren.

Grand Canyon ist ein sehenswerter Beleg für eine mittlerweile etwas sehr in den Hintergrund getretene, nicht minder interessante Facette der Disney-Studios: Walt Disney war nämlich nicht allein treibende Kraft in Sachen Animationsfilm. Mancher Leser wird sich an The Living Desert • Die Wüste lebt (1953) erinnern. Dies ist wohl der berühmteste Streifen aus der 1948 mit dem Kurzfilm Seal Island ins Leben gerufenen Naturfilmreihe True Life Adventures. Die dort gezeigten, für ihre Zeit sensationellen und spektakulären Natur- und Tieraufnahmen waren wegbereitend für andere wie Bernhard Grzimek, Jacques Cousteau und natürlich den heutzutage im Zentrum des Geläufigen stehenden Alastair Fothergill.

2924The Peter Tchaikovsky Story ist eine recht unterhaltsame, mittlerweile aber doch etwas antiquiert und sentimental aufbereitet erscheinende Umsetzung der Entstehungsgeschichte des als Ausgangspunkt für die Filmmusik zu Dornröschen dienenden gleichnamigen Balletts von Peter Tschaikowsky. In einem Punkt jedoch besitzt gerade dieses Segment besonderes historisches Interesse. Erstmalig in dieser neuen Präsentation wird erkennbar, dass dieser im Januar 1959 im Rahmen einer Folge von Disneyland-TV (später auch im Kino) gezeigte Kurzfilm bereits Teil eines bemerkenswerten frühen Fernseh-Experiments war. Durch Simultanübertragung (mit Hilfe eines Rundfunksenders) konnten die Zuschauer den Ton dieser Fernsehsendung erstmalig in Stereo hören. Doch damit nicht genug: Walt Disney, Technikfreak und Visionär, hatte noch einen weiteren Knüller in der Hinterhand. Im Anschluss an den Tschaikowsky-Kurzfilm wurden über rund 15 Minuten lang Ausschnitte aus dem (seinerzeit) zur Kinopremiere anstehenden Dornröschen gezeigt. Diese wurden neben dem außergewöhnlichen Stereo-Ton zusätzlich in einem immerhin auf etwa 1:1,85 gematteten Breitbild, also in „Letterbox“ präsentiert. Für die damalige Zeit war das eine ebenfalls geradezu revolutionäre Demonstration von breitem Kinoformat im Fernsehen.

Erstmalig ist die betreffende Disneyland-TV-Folge jetzt komplett, also inklusive der obligaten Einführung von Walt Disney und den Auszügen aus Dornröschen zu sehen. Seinerzeit war das von DVD und Blu-ray Disc fast durchweg farbig zu sehende Programm zwangsläufig noch Schwarzweiß. Von The Peter Tchaikovsky Story war bereits auf der 2002er DVD-Edition erhalten gebliebenes Farbmaterial enthalten. Auch dieses hat in der neuen Präsentation unmittelbar erkennbar qualitativ zugelegt. Das Bild ist zwar nicht derart brillant wie das des Hauptfilms. Es ist aber ebenfalls ein merkliches Quantum schärfer und von erheblich besserer Farbqualität.

Wer mehr über die Hintergründe und die Machart von Dornröschen erfahren möchte, der sollte sich den Film mit dem sehr informativen Audiokommentar von John Lasseter, Andreas Deja und Leonard Maltin ansehen. Ein HD- und damit Blu-ray-Privileg ist dabei der so genannte Cine-Explore-Modus, wo zu den im Kommentar erläuterten Infos zusätzlich erklärende Bilder als Picture-in-Picture eingeblendet werden. Ebenfalls nur auf Blu-Ray erhältlich ist eine recht originelle rund fünfminütige „Begegnung mit dem Drachen“.

Dornröschen als Blu-ray Disc liefert Topqualität. Es ist eine derjenigen Vorzeige-Blu-ray-Discs, die im erst langsam (aus dem Dornröschenschlaf der späten 1980er) erwachenden Interesse an High-Definition eine wichtige Rolle spielen dürften.

2925Das vorstehend Geschriebene lässt sich, natürlich nur in gewissen Grenzen, auch auf die DVD-Edition des Jahres 2008 übertragen. Selbst hier ist ein deutlich sichtbarer Zuwachs an Qualität gegenüber den früheren Veröffentlichungen zu verzeichnen. Wer also erst einmal noch beim zweifellos bewährten DVD-Format bleiben möchte, erhält hier ein auf seine Art ebenfalls exzellentes Produkt.

Auch der Ton hat bei den vorgestellten 2008er Produkten zugelegt. Der Klang ist nun besonders voll und differenziert. Besonders in der Musik hat auch die Raumperspektive hinzugewonnen. Die Leistung der Toningenieure beleuchtet hierzu passend das Boni-Segment „Sound of Beauty: Restoring a Classic“.

Fazit: Zum 50-jährigen Jubiläum ist Disneys 1959er Dornröschen erneut auf dem Heimvideomarkt erhältlich. In geradezu umwerfender Brillanz kann der Film bei entsprechender Ausstattung von der Blu-ray-Disc-Version betrachtet werden — was mit gewissen Einschränkungen auch für die meisten der Extras gilt. Aber auch der kleine Bruder der Blu-ray-Disc-Ausgabe, die DVD-Edition, ist auf seinen Standard bezogen, zweifellos ein vergleichbar hochwertiges Angebot, das den aus dem Jahr 2002 stammenden Vorläufer eindeutig abhängt.

Dornröschen ist der erste der großen klassischen Disney-Zeichentrickfilme, der jetzt auch in hoch auflösender Bildqualität als Blu-ray Disc erhältlich ist. Der viel versprechend aussehende Preview-Trailer zur 2009 anstehenden HD-Version von Pinocchio dürfte so manchem Betrachter schon jetzt das Wasser im Munde zusammenlaufen lassen.

Die drei guten Feen in Dornröschen, Flora, Fauna und Sonnenschein, haben bei Disney jetzt offenbar Nachholbedarf ausgelöst. Die kleine Elfe aus Disneys Adaption von Peter Pan, „TinkerBell“, ist die Protagonistin des gleichnamigen Films, der offenbar Ausgangspunkt einer Reihe werden soll. Hier geht’s zur Startseite des aktuellen Disney-Feenzaubers.

Zum Vergrößern bitte anklicken (gilt auch für die im Text eingebetteten Bilder)!

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Zur Erläuterung der Wertungen lesen Sie bitte unseren Hinweis zum Thema Blu-ray-Disc versus DVD.

Dieser Artikel ist Teil unseres Spezialprogramms zum Jahresausklang 2008.

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Mehrteilige Rezension:

Folgende Beiträge gehören ebenfalls dazu:


Erschienen:
2008
Vertrieb:
Walt Disney Studios Home Entertainment
Kennung:
BGY 0059404 (2 Blu-ray-Discs)
Zusatzinformationen:
USA 1959

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