Merry Christmas

Geschrieben von:
Michael Boldhaus
Veröffentlicht am:
30. Januar 2006
Abgelegt unter:
CD

Score

(3.5/6)

Musik zum Wunder an der Westfront: Weihnachten 1914

Die historisch belegte Verbrüderung von Briten und Deutschen während der Kriegsweihnacht 1914 greift Regisseur Christian Carions Film Merry Christmas, inszeniert im Stile klassischen Gefühlskinos, auf.

Zu dem, was von der Leinwand fast wie ein absurdes Weihnachtsmärchen über Völkerverständigung in der perversen Grenzsituation Krieg anmutet, erarbeitete der Franzose Philippe Rombi eine sehr zurückhaltende, elegische filmmusikalische Untermalung. Rombi (•1968) ist hierzulande wenig geläufig. Sein Score besteht zum überwiegenden Teil aus sehr ruhigen Stücken, aus streicherdominierten Adagios, die gelegentlich vom Klavier unterstützt werden — interpretiert vom Komponisten. Nur gelegentlich, z. B. in den beiden Weihnachtsliedern, ist der Orchestersatz der festlichen Stimmung angemessen farbiger und leuchtkräftiger — im internationalen Weihnachtsklassiker „Stille Nacht“ sowie dem im Angelsächsischen besonders beliebten mittelalterlichen „Adeste Fideles“.

Im Score stehen lyrisch warme, melodisch-sinnliche Teile neben stark atmosphärisch gehaltenen („Der Krieg“, „Jonathans Brief“); längere Stücke, wie das mit Solovioline versehene „Aria für Violine und Orchester“, verleihen klassizistischen Charakter. Vokale Einlagen sorgen auch neben den beiden sehr ansprechend dargebotenen Weihnachtsliedern für volkstümlichen („Hymne der Verbrüderten: I’m dreaming of home“) und zugleich sakralen Touch („Ave Maria“). Ausgeklügelte Leitmotivik und raffinierte Verknüpfung thematischen Materials findet sich hier nicht. Die Komposition setzt in erster Linie auf Atmosphäre. Die als Hauptthema fungierende klangschöne „Hymne der Verbrüderten“ wird dabei entsprechend in, zwar eher einfachen, aber zweifellos klangschönen Varianten präsentiert.

Mit insgesamt rund 73 Minuten Spieldauer präsentiert die CD vermutlich den kompletten Score. Und wie häufiger bei derart langen Albumschnitten funktioniert die Musik nicht durchgehend im Sinne eines überzeugenden Höralbums. Gerade die betont atmosphärischen Cues dürften von vielen Hörern als eher trocken und monoton, das als Source-Cue fungierende Duett „Bist Du bei mir“ als etwas altbackenes Kunstlied, empfunden werden. Dies gilt auch für das zur Charakterisierung des Krieges mehrfach erscheinende Trauer-Adagio, das allerdings geradezu eklatant an Der schmale Grat erinnert. Hier hilft das Programmieren individueller Zusammenstellungen, um den (Hör-)Eindruck zu verbessern. Letztlich ist ein langes Album, von dem man nicht alles braucht, ja doch klar besser als eine von den Produzenten ausgewählte Kurzfassung, bei der einem so manch schönes Stück fehlt, oder?

Der Käufer des Albums erhält übrigens ein mit recht informativen Texten zu Film und Musik aufwartendes, sogar mehrseitiges Begleitheft. Das ist etwas, was auf dem Filmmusiktonträgermarkt eher selten und darum erwähnenswert ist.

Komponist:
Rombi, Philippe

Erschienen:
2005
Gesamtspielzeit:
73:15 Minuten
Sampler:
EMI
Kennung:
0946-344912-2-8

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